Die Fahrt auf dem Yangzi bringt uns den Chinesen immer näher. Am Nachmittag waren wir beim Ausflug zur Geisterstadt Fengdu die einzigen Langnasen und mussten uns mit ihnen einen Touristenführer teilen, der übrigens sehr gut Deutsch sprach und uns das Wesentliche in wenigen Sätzen mitteilte.
Die Geisterstadt Fengdu sollte jeder Chinese einmal im Leben besucht haben, so wie jeder Muslim Mekka. Ziel dabei ist nicht, einem Gott oder dessen Symbol Verehrung zu erweisen, sondern dem Höllenkönig schon zu Lebzeiten vorzusprechen. Jeder Mensch, so glaubt man, muss nach dem Tod in die Hölle. Je nach Schwere seiner Verbrechen erleidet er bestimmte Qualen, trinkt dann den Trank des Vergessens und wird als Tier, Mensch oder Geist wiedergeboren. Der Weg zum Höllenkönig im Diesseits ist mit Prüfungen für den Besucher gepflastert: früher musste man sich einen Höllenpass kaufen, heute reicht die Eintrittskarte. Dann hat man über 300 Treppenstufen zu überwinden, mit dem richtigen Fuß über eine Schwelle zu treten und eine Brücke richtig zu begehen (Hand in Hand mit dem Partner, wenn man weiter mit ihm im nächsten Leben zusammen sein will ect.). Danach betritt man verschiedene Hallen (mit daoisten und buddhistischen mythologischen Figuren) und endlich die des Höllenkönigs und seiner Gefährten. Alle Hallen zuvor mussten nach Zerstörungen durch die Roten Garden restauriert werden, die des Höllenkönigs ist die einzige, die original erhalten ist (Dank Tschu en Lais Einsatz), zum Teil ist sie über 1600 Jahre alt! Wunderschön, ungewöhnlich in Schwarz und Blau bemalt, die Farben des Todes und der Hölle. Viele der Chinesen knien vor dem Höllenkönig nieder und verbeugen sich dreimal…zur Vergebung der Sünden.