Im Wartesaal von Lushan Bahnhof. Ein einfacher Kleinstadtbahnhof mit den üblichen Kontrollen. Hierhergebracht von einer englisch sprechenden Reiseleiterin und einem Fahrer. Sie, die erste sehr gesprächige und auskunftsfreudige junge Frau, spricht vergleichsweise gutes Englisch, das hat sie in der Provinzstadt Nanchang gelernt. Heute ist das Wetter großartig, ein wolkenloser Himmel, wärmende Sonne. Den Fotografen lockt die Szenerie, ein paar Male hält der Fahrer auf Bitte der Reiseleiterin (hat sie uns ihren Namen gesagt?) an. Als wir an einem von drei künstlichen Seen mit Trinkwasser vorbeifahren, erzählt sie die Anekdote über Mao, die wir schon auf der Herfahrt hörten, aber nicht richtig verstanden hatten: Mao, der gerne schwamm, stieg auch hier ins Wasser, keiner sagte etwas, weil er ja der große Führer war. Als er erfuhr, dass er in Trinkwasser gebadet hatte, entschuldigte er sich natürlich (!). Ihren Kinder gaben die Leute seitdem das Wasser als das Mao-Wasser zu trinken, besonders gesund und kräftigend. Auch kommen wir an vielen Bauruinen vorbei. Illegale Bauten, die verboten wurden, Warum werden die Bauherren nicht verpflichtet, sie wieder abzureißen?
Während ich da sitze, stürzt sich Achim in eine typische Unternehmung: er will noch ein paar Jaudzes besorgen und möglichst auch noch Postkarten abschicken. Das weiß ich. Als er nach 15 Minuten nicht zurückkehrt, weiß ich, etwas ist passiert. 10 Minuten später, gerade als unser Zug aufgerufen wird, schnauft er herbei, ein kleines Plastikpäcken in der Hand. Auf dem Bahnsteig gibt er lachend seine Geschichte preis: er hat alles mit den Kontrolleuren arrangiert (per Handzeichen), dass er wieder in den Bahnhof darf. Auf dem Vorplatz fragt er einen jungen Mann nach der Post (mittels Handzeichen, wiederum). Der zeigt auf sein Mofa, Achim schwingt sich hinter ihn, der Mann fährt los, drei Blocks weiter hält er neben einem Laden, der ist nicht der richtige, aber nebenan, dort will ihm die Verkäuferin chinesische Marken verkaufen, geht nicht, nach Deutschland, Keiner weiß, wie Deutschland auf Chinesisch heißt, die Verkäuferin schaut im Computer nach, aber sie hat nur drei Marken, die sind riesig, haben kaum Platz auf den Karten, trotzdem gekauft ( (10 Yuan) und zurück mit dem Fahrer. Der bekommt 10 Yuan für den Dienst und bestimmt nicht nur ein xiexie (Dankeschön). Nun noch das Jaudzesproblem. Das löst Achim in einem Kiosk am Bahnhof. Leider sind die Teigtaschen, die man ihm da anbietet, gefroren. Er überredet die Verkäuferin, sie in kochendes Öl zu werfen und danach nicht in eine Plastiktüte (üblich), sondern in ein Plastikkästchen zu legen ( alles immer mit Handzeichen). Weitere 10 Yuan. Das ganze Abenteuer für 30 Yuan und eine saure Miene von mir! Aber allzu böse kann ich ihm nicht sein, es ist ja noch einmal gut gegangen. Wie so oft.
Auf der Fahrt nach Yichandong, nahe dem Yangtse. Das Land wird hügeliger, baumbewachsen, Reisfelder, alte Haugruppen, Hochhäuser, auch Hausruinen, aber nicht so viele wie auf der Fahrt von Hangzhou nach Lushan. Wuhan, die größte Stadt, mit einem riesigen Bahnhof im Osten, zeigt sich mit einer mindestens 5 Kilometer langen Skyscraperkulisse. Hankou, unweit daneben ( dort hat auch unser Vater kurzfristig gearbeitet) weniger imposant. Mit einem kleineren, doch wohlgepflegten, bestimmt kürzlich renovierten Bahnhof aus den 50er Jahren, vielen retten Häusern aus den 60ern, Abrissflächen mit Müll, daneben die hohen Neubauten. Schön das viele Grün. Nach Hankou dann Gemüseanbaugebiet, Plastikgewächshäuser und Teiche, auf denen sich die ersten Lotuspflanzen zeigen, Bambuswälder, Baumplantagen. Ich las gerade bei Marco Polo, dass sein Großkhan schon die Kunst des Umpflanzens von Bäumen, auch großen und alten in seinem Reich nutzte. Viele überflutete Reisfelder. Im Zug, dann Kornfelder, dazwischen mit Weiden bewachsene Knicks. Und einige ältere Häusergruppen, „menschengemäß“, zwei bis dreistöckig, Im Zug, der wieder voll besetzt ist, geht es dabei sehr laut zu.eon Fernseher an der Waggonspitze läuft fortwährend, Babys kreischen und die Leute unterhalten sich laut.