Lushan also. Ein kleines Abenteuer. Der erste Tag vernebelt und verregnet, mit einem kleinen Lichtblick: Achim konnte oben auf dem Marktplatz mit herrlicher Sicht über das ganze Tal ein Spitzenfoto machen…die Berglandschaft im Nebeldunst. Schon wenige Minuten später ein Regenguss, der uns in ein Ladengeschäft fliehen lässt. In einer weiten Halkreis stehen hier die traditionellen zweistöckigen Häuser, Hotels oder Geschäfte. Alles relativ gepflegt, sehr gut die öffentlichen Anlagen: Die Parks, Toiletten, das Bussystem, alles für die vielen Touristen. Im Juli und August muss es übervoll sein. Aber auch am Montag und bei schlechtem Wetter sind Reisegruppen unter bunten Schirmen oder in verschiedenfarbigen Plastiküberhängen, sogar mit Plastiküberschuhen unterwegs. Wir entschließen uns zu einer Wanderungen zu berühmten Wasserfällen, einem Kloster ect. Nach den Stadtaufenthalten ein wirklich erholsames Erleben. Nur ab und zu durch schrille Ansagen einer Reiseleiterin (warum haben die Frauen hier oft so kreischende Stimmen?) oder das Geplapper der Touristen unterbrochen. Jacken, Hosen, Schuhe durchfeuchtet bewundern wir noch drei uralte Bäume, über 2000 Jahre sollen sie sein, zwei Kampferbäume, einen Gingko, zünden Räucherstäbe vor einem Buddha und einer Kwan Yin (Göttin der Barmherzigkeit) in einem Tempel an und landen zum Schluss in der Maogedenkstätte, einem großen Haus, in dem sich die kommunistische Führung zur Diskussion wichtiger Beschlüsse 1961 (nach den Hungerjahren, in denen über 20 Millionen Menschen verhungerten) und 1970 (während der Kulturrevolution, wo Millionen gesteinigt, ermordet ect.wurden) versammelte. Am Eingang eine große Maostatue, viele Besucher verbeugen sich, einige Gruppen stehen still, schweigend. Viele sind Menschen in unserem Alter. Ihren verhärmten, verschlossenen, traurigen Gesichtern sieht man das Leid an, das sie ertragen haben, Ob sie wohl daran denken, was der große Führer ihnen und dem ganzen Volk angetan hat?
An diesem Abend zu müde und hungrig, um auch noch die Gedenkstätte an den Krieg gegen die Japaner anzuschauen. Mit Glück finden wir ein Lokal in der Nähe des Hotels, in dem wir nach drei Tagen endlich mal wieder gut speisen, die Gerichte abgeschaut vom Tisch der einzigen anderen Gäste… Denn wiensonoft gibts nur eine Speisekarte in Chinesisch. Am nächsten Morgen sind wir überpünktlich und versäumen das Frühstück nicht. Dieses Mal ein rein chinesisches Mahl, ohne Toast und Butter, sogar ohne Tee, dafür Reissuppe, Hefeklöße, hartgekochte Eier und diverse kleingehackte gekochte Gemüse (kalt) und Soßen. Man kann sich an alles gewöhnen, aber an Reissuppe und gebratene Nudeln, nein!
Kein Regen, aber Nebel überall. Gut für eine Wanderung durch Kuling Dorf, dem Hügel, auf dem die Kolonialisten ihre Landhäuser erbauten. Und tatsächlich, es gibt sie immer noch, alte Kirchen, erbaut aus Steinquadern, langestreckte Holzhäuser (eins ähnelt dem auf unseren Fotos, eins könnte das Missionarshaus gewesen sein, in dem Pearl s. Buck aufwuchs), alle entsetzlich rott und die Gärten voller Müll. Wohingegen die Wege und Straßen drumherum gut gepflegt sind. Wir besichtigen das Haus, in dem Mei Ling Song, die Frau von Tschiang Kai Shek gewohnt hat, noch original, mit den originalen Möbeln, aber auch seit 1948, als sie es verließ, nicht renoviert. Entsprechend verkommen sieht es aus, und hat seinen eigenen Reiz, sicherlich für die Besuchermassen, die auch heute schon hier durchwandern. Wir finden auch die Presbetarian Church in der Nähe, in der angeblich auch Tschiang Kai Shek jeden Sonntag zum Gottedienst ging. Sie wird heute noch genutzt. Wir könnten den Weihnachtsbaum vom letzten Jahr im Vorraum durch Fenster erblicken.
Kleines Mittagsmahl in einem einfachen Lokal, das sich als so dreckig erweist, dass ich mir vornehme, nie wieder so essen zu gehen, einen Vorsatz, der sich nicht so einfach halten lassen wird. Weiter führt uns die Suche nach einer Seilbahn, die in die Berge fährt, in Gebiete des Dorfes, die ziemlich heruntergekommen sind. Oder scheinen. Überall Müll vor den Häusern, von Wohnkultur wie bei uns kann keine Rede sein, nirgendwo Vorhänge, vor Fenstern stapeln sich Pappkartons, uralte Fahrräder, Wäsche auf Leinen. Nach langem Hin und Her entdecken wir einen Bauplatz mit großem Plakat, auf dem die künftige Seilbahn in einer wunderschönen Landschaft gezeigt wird. Die alte wurde demontiert, die neue ist in Bau. Dafür müssen aber noch viele Häuser in der Gegend abgerissen werden.
Es ist erst halb drei. Wir lassen uns mit dem Bus zu einer weiteren Attraktion fahren: zu einer hohen Klippe, wo wo aus ein Wanderung Richtung Tal zu einer anderen Seilbahn führt. Ein Weg hinab, relativ gemütlich, meinte Achim, der das alles geplant hat. Und es wird ein beeindruckendes Erlebnis, gekrönt von den ersten Sonnenstrahlen des Tages…zur großen Freude des Fotografen, der endlich die Foto machen kann, von denen er geträumt hat. Und so wandern wir gemächlich auf perfekt ausgebauten Steintreppen hinunter…mit Stopps…nur dass die Treppen nicht enden wollen, sogar wieder hinauf führen, manchmal kein Geländer haben. Nur wenige Leute sind mit uns unterwegs, das wundert uns schon. Ob sie wussten, dass die Seilbahn überpünktlich schließt? Bis 6 Uhr sollte sie fahren, als wir eine Viertelstunde vorher endlich die letzten 200 Meter dahin hinaufgeklommen sind, sind alle Züge abgestellt. Oje. Wie kommen wir nun zum Bus? Und wird der noch fahren? Der hutzlige Arbeiter, der hier oben mit seiner Frau lebt und wohl Wärterdienste leistet, weist uns einen Weg hinter dem Haus ins Tal, über Felsen auf die andere Seite des Flusses, der da fließt. Vor einem Häuschen werkelt eine alte Frau im Garten. Wir sprechen sie an, sie versteht, gibt Zeichen, dass sie uns ein Auto organisieren kann. Es ist wohl ihr Sohn, der nach Handyanruf mit einem klapprigen Gefährt kommt und uns für 120 Yuan (15 Euro) zum Hotel fährt. Erst unterwegs wird uns klar, wie prekär unsere Lage war: über 3 Kilometer bergan durch Waldgebiet, an der Busstation kein Bus und kein Mensch mehr, und auf der größeren Straße auch kein anderes Auto. Glück gehabt.
Und jetzt Schluss…für heute. Wir werden gleich abgeholt und zum Zug gebracht. am Abend besteigen wir das Schiff, um den Jangtse hochzuschippern.
Liebe Hilke! Lieber Achim!
Wir verfolgen euch auf eurer Reise: lesend und über Karten gebeugt! Das ist ja alles höchst spannend und interessant! Manchmal ist es so, dass wir fast die Gerüche in der Nase haben.
Bliebt gesund und munter!
Mit ganz herzlichen Grüßen aus dem sonnigen Hamburg von Angelika und Rainer
Hallo ihr Lieben,
nun wird es immer schöner. Endlich mal Natur mit Kultur. Für euch muss der Unterschied zu euren früheren Reisen doppelt spannend sein. Was sich innerhalb von wenigen Jahren in einem so grossem Land verändert hat. Sicher sind die Unterschiede der einzelnen Regionen an sich ja schon unterschiedlich, denke ich. Die Göttin aber Barmherzigkeit kann sich mit unserem Papst zusammen tun. Liebe Hilke: die dreckigen Lokale wären mir auch zuwider. Eine saubere Imbissbude scheint ja ein Highlight zu sein. Die Reissuppe finde ich erträglich, nur diese Hühnerkrallen. Habe die immer bildlich vor Augen. Igitt
Nun eine Sache, die nicht zur Reise gehört. Hatte eine sms gesendet, die wohl nicht angekommen ist. Die Flyer sind immer noch nicht hier. Habe schon telefoniert. Da aber Achim die Auftragsbestätigung mit Kundennummer auf seinem handy hat, kann ich mich nur weiter darum kümmern, wenn ich diese habe. Sonst bekomme ich gar keine Auskunft.
Nun weiterhin eine schöne Reise wünscht euch Elisabeth